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Jenseits des eigenen Teams

„Gustav, darf ich dir eine Frage stellen?“ Anna schloss die Tür ihres Büros, legte ihr Handy zur Seite und seufzte.


„Natürlich“, schnurrte Gustav und rollte sich auf dem Fenstersims zusammen. „Aber nur, wenn es keine Excel-Tabelle ist.“


„Keine Tabellen heute“, sagte Anna trocken. „Ich frage mich nur, warum es so schwer ist, mit anderen Abteilungen zusammenzuarbeiten. Mein Kollege in der Analyseabteilung hat mir heute zum dritten Mal auf charmante Weise abgesagt. Es fühlt sich an, als wäre ich ein Bittstellerin – obwohl ich weiß, dass mein Anliegen auch für ihn wichtig wäre.“


Gustav blinzelte. „Ah, du meinst das altbekannte Spiel Einfluss ohne Autorität. Die hohe Kunst des Überzeugens in einer Welt, in der niemand muss – aber vielleicht will.“


„Genau!“, rief Anna. „Ich kann doch niemanden zwingen. Aber wieso helfen manche sofort, während andere erst dann aufspringen, wenn sie selbst etwas davon haben?“


„Weil sie sich genau das fragen“, sagte Gustav. „Was springt für mich dabei raus? Und das ist keine böse Absicht, sondern menschlich. Ihre Aufmerksamkeit ist begrenzt, ihre Ressourcen auch – also priorisieren sie das, was ihnen nutzt.“


Anna runzelte die Stirn. „Aber ich kann doch nicht jeden mit Gegenleistungen bestechen.“


„Nein, musst du auch nicht“, antwortete Gustav. „Du kannst etwas viel Wertvolleres bieten: Informationen.“


Anna sah ihn überrascht an. „Informationen?“


„Natürlich. Du sitzt auf einem Berg an Wissen, Updates, Erkenntnissen, die anderen in der Organisation nützlich sein könnten. Wenn du sie gezielt und regelmäßig fütterst – ohne eine Gegenleistung zu erwarten – baust du Vertrauen auf. Du wirst zur Quelle. Und wer eine Quelle hat, zu der er gerne geht, wird beim nächsten Mal eher ja sagen.“


„Also… den Kollegen vorher mit nützlichen Informationen versorgen, bevor ich etwas brauche?“


„Genau das“, sagte Gustav. „So schaffst du eine Beziehung, die nicht auf Pflicht, sondern auf gegenseitiger Wertschätzung basiert. Und wenn du dann wirklich mal Unterstützung brauchst, denken sie sich: Hey, Anna war da immer hilfreich – klar helfe ich jetzt zurück.“


Anna nickte langsam. „Ich glaube, ich mache ab morgen ein kleines Peer-Update. Einmal die Woche. Ohne Anfrage, nur mit Infos, von denen ich denke, dass sie nützlich sein könnten.“


„Das, meine Liebe“, schnurrte Gustav zufrieden, „ist der Beginn einer wunderbaren Allianz jenseits der Silos.“

 
 
 

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