Zwischen Zündschnur und Zügel
- Jens Alsleben Stark im Sturm
- vor 1 Tag
- 1 Min. Lesezeit

„Also ehrlich, Gustav, ich hab heute reagiert wie ein HB-Männchen.“ Anna ließ sich auf das Sofa fallen, während Gustav ihr ein Glas Wasser hinstellte – mit Zitrone, wie immer.
„Was ist passiert?“, fragte er vorsichtig, die Ohren leicht nach hinten geneigt.
„Mein Kollege hat in der Besprechung meinen Vorschlag einfach übergangen und gesagt, das hätten wir doch schon alles versucht. Ohne mit der Wimper zu zucken. Und ich… na ja… ich bin laut geworden.“
Gustav setzte sich neben sie. „Du hast reagiert. Nicht geantwortet.“
„Ganz genau. Und ich hasse das. Ich will keine impulsive Führungskraft sein. Ich will souverän bleiben, gerade wenn’s brenzlig wird.“
„Dann brauchst du eine Art inneren Puffer“, schlug Gustav vor. „Etwas zwischen dem Reiz und deiner Reaktion. Etwas, das dich kurz anhält, bevor du losschnaubst.“
Anna lachte trocken. „Du meinst, wie ein eingebauter Gustav, der ‚Moment mal‘ sagt?“
„Ganz genau.“ Gustav grinste. „Und dieser Gustav stellt dir drei Fragen: Habe ich alle Fakten? Habe ich das richtig verstanden? Und: Verdient mein Gegenüber den Benefit of the Doubt?“
Anna nickte langsam. „Wenn ich mir nur 10 Sekunden genommen hätte, um das zu prüfen… hätte ich wahrscheinlich ganz anders reagiert.“
„Eben. Reagieren ist impulsiv. Antworten ist bewusst. Reagieren macht die Welle höher. Antworten glättet sie – oder lenkt sie wenigstens in die richtige Richtung.“
Anna zog ihr Notizbuch hervor. Auf die nächste freie Seite schrieb sie:
Reaktion = Instinkt. Antwort = Einfluss.
„Ich glaube, ich werde das morgen früh mit ins Teammeeting nehmen“, sagte sie. „Wenn ich’s schon heute nicht besser gemacht hab, dann wenigstens morgen.“
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„Klingt wie eine sehr überlegte Antwort“, schnurrte Gustav zufrieden.
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