Gustav saß auf der Fensterbank und musterte Anna, die mit tiefen Gedanken an ihrem Schreibtisch saß. „Anna, was beschäftigt dich?“, fragte er schließlich, als er die Falten auf ihrer Stirn bemerkte.
„Es ist mein Team“, antwortete Anna, eine Führungskraft, die in ihrem Bereich als äußerst erfolgreich galt. „Wir arbeiten hart, aber bei einigen Projekten bleiben wir einfach stecken. Ich verstehe nicht, warum.“
Gustav, der Säbelzahntiger, neigte den Kopf. „Hast du darüber nachgedacht, was ihr vielleicht nicht getan habt?“, fragte er leise.
Anna hob eine Augenbraue. „Nicht getan? Wir arbeiten pausenlos. Ich habe jede mögliche Strategie in Betracht gezogen.“
Gustav nickte bedächtig. „Und doch, gerade darin liegt oft das Problem. Führungsstärke zeigt sich nicht nur in dem, was du tust, sondern auch in dem, was du bewusst nicht tust.“
Anna lehnte sich zurück, ihre Arme verschränkt. „Du meinst, es geht darum, was wir nicht entschieden haben? Was wir nicht getan haben?“
„Genau“, antwortete Gustav mit ruhiger Stimme. „Du kannst eine Entscheidung treffen, indem du handelst. Aber manchmal ist es das bewusste Unterlassen, das den Unterschied macht. Vielleicht habt ihr bestimmte Handlungen vermieden, die genau das fehlende Puzzleteil gewesen wären.“
Anna schwieg für einen Moment, die Erkenntnis setzte sich langsam in ihrem Denken fest. „Also könnte es sein, dass nicht nur die ausgeführten Aktionen entscheidend sind, sondern auch die unterlassenen?“
„Ja“, schnurrte Gustav leise. „Erfolgreiche Führung heißt, auch das Unerledigte zu erkennen. Es ist leicht, sich auf das zu fokussieren, was getan wurde, aber genauso bedeutend ist es, das zu sehen, was unterlassen wurde. Denn oft haben diese Lücken den größten Einfluss.“
„Das klingt logisch“, erwiderte Anna nachdenklich. „Die Projekte, die stocken – vielleicht fehlen da bestimmte Entscheidungen, die nicht getroffen wurden. Aber wie soll ich das erkennen?“
Gustav lächelte. „Durch das bewusste Hinterfragen, Anna. Wo hast du nicht eingegriffen? Wo hast du zugesehen, statt zu handeln? Es geht nicht darum, unentwegt aktiv zu sein, sondern die Kraft des Nichtstuns zu erkennen – und das in einem strategischen Kontext zu verstehen.“
Anna nickte langsam. „Das bedeutet, dass ich als Führungskraft nicht nur auf die Taten, sondern auch auf die Lücken achten muss. Was hätte ich anders machen können – oder was habe ich bewusst nicht gemacht?“
„Ganz genau“, schnurrte Gustav. „Und daran erkennen die besten Führungskräfte ihren Einfluss: nicht nur daran, was sie tun, sondern auch daran, was sie bewusst unterlassen. Denn auch das formt den Erfolg oder Misserfolg ihres Teams.“
Mit einem tiefen Atemzug ließ Anna diese Worte auf sich wirken. „Ich verstehe jetzt. Es ist genauso wichtig, das Nichtstun zu managen, wie aktiv zu handeln.“
„Die besten Führungskräfte“, sagte Gustav leise, „meistern beides.“
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