Wissen um des Wissens willen?
- Jens Alsleben Stark im Sturm
- 30. Apr.
- 2 Min. Lesezeit

„Gustav, warum sind eigentlich Möhren orange?“
Anna sah den kleinen Säbelzahntiger an, während sie ihre Kaffeetasse abstellte. Gustav saß wie gewohnt auf der Fensterbank, ließ seinen Schwanz hin- und herschwingen und musterte sie mit einem Schmunzeln.
„Interessante Frage“, schnurrte er. „Aber – So what?“
Anna runzelte die Stirn. „So what? Ich dachte, du magst Wissen.“
„Ich liebe Wissen!“, sagte Gustav und plusterte sich auf. „Aber Wissen muss auch einen Zweck erfüllen. Deine Frage ist interessant, aber wird sie irgendetwas an deinem Tag oder deinen Entscheidungen ändern?“
Anna seufzte und ließ sich in ihren Stuhl fallen. „Ich verstehe, worauf du hinauswillst. Du meinst, manche Fragen sind einfach nur… nette Spielereien?“
Gustav nickte. „Genau! Denk mal an eure Meetings. Wie oft diskutiert ihr Dinge, die am Ende nichts an eurer Entscheidung ändern?“
Anna dachte nach. „Ziemlich oft. Jemand wirft eine Frage in den Raum, dann investieren wir Energie, Zeit und manchmal sogar Budget, um sie zu beantworten – nur um dann festzustellen, dass die Antwort nichts an unserem Vorgehen ändert.“
„Exakt!“, rief Gustav. „Manche Fragen sind reine Zeitfresser. Sie mögen spannend sein, aber sie bringen euch nicht voran. Gute Führungskräfte fragen daher immer zuerst: So what? Wird die Antwort unser Handeln verändern?“
Anna nahm einen Stift und begann, eine Liste zu schreiben. „Also… Wenn eine Frage unsere Entscheidung beeinflusst, dann lohnt es sich, sie zu beantworten. Wenn nicht, dann kommt sie auf die Wäre-nett-zu-wissen-Liste.“
„So ist es“, bestätigte Gustav. „Denk nur mal an eure letzte Strategie-Diskussion. Wie viele Fragen wurden gestellt, die eigentlich nichts geändert haben?“
Anna lachte trocken. „Zu viele. Einer wollte wissen, wie sich eine ähnliche Entscheidung vor zehn Jahren auf die Zahlen ausgewirkt hat. Klingt interessant, aber es gab damals ganz andere Marktbedingungen. Die Antwort hätte uns also wenig geholfen.“
Gustav lehnte sich entspannt zurück. „Und genau da liegt die Kunst. Gute Führungskräfte trennen klug zwischen wissenswert und relevant für unsere Entscheidung. Sie lassen sich nicht von intellektuellen Spielereien aufhalten.“
Anna schloss ihr Notizbuch und grinste. „Okay, dann frage ich jetzt nochmal anders: Gustav, warum ist es für mich wichtig zu wissen, warum Möhren orange sind?“
Gustav blinzelte. „Das ist einfach. Falls du je mit einem Hasen verhandelst, hast du einen großartigen Eisbrecher.“
Anna lachte und nahm einen Schluck Kaffee. „Okay, das nehme ich mit.“
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