Weniger Pfeile, mehr Wirkung
- Jens Alsleben Stark im Sturm
- 10. Apr.
- 2 Min. Lesezeit

„Anna?“ Gustav lag bäuchlings auf dem Schreibtisch, den Kopf auf eine Excel-Tabelle gebettet. „Wie viele Ziele hast du dir eigentlich dieses Quartal gesetzt?“
Anna drehte sich langsam zu ihm um, während sie mit der Handkante ihre Stirn massierte. „Acht. Nein, neun. Oder doch zehn. Gustav, ich weiß es nicht mehr genau. Es fühlt sich an, als ob ich auf tausend Dinge gleichzeitig ziele und nichts davon wirklich treffe.“
Gustav blinzelte. „Du brauchst OKRs.“
„Okay was?“, fragte Anna, leicht genervt.
„Objectives and Key Results“, erklärte Gustav mit einem triumphierenden Grinsen. „Ein System, das dir hilft, dich auf das zu fokussieren, was wirklich zählt. Weniger Ziele. Dafür messbar. Und mit maximaler Wirkung.“
Anna seufzte. „Klingt wie eine weitere dieser Management-Philosophien, die man einmal auf PowerPoint sieht und dann wieder vergisst.“
„Ach was!“, rief Gustav und sprang auf. „Hör zu: Die Idee stammt von Andy Grove bei Intel und wurde von John Doerr zu Google und anderen Tech-Giganten gebracht. Objectives – also das, was du wirklich erreichen willst. Und Key Results – wie du weißt, ob du auf dem richtigen Weg bist.“
Er sprang auf den Laptop und tippte hektisch. „Stell dir vor, dein Objective wäre: 'Unsere Produktivität im Team sichtbar steigern'. Die Key Results könnten dann sein: 'Reduktion von Meetings um 30%', 'wöchentlicher OKR-Check-in mit dem Team' und 'Implementierung von zwei neuen Automatisierungen bis Quartalsende'. Klar, messbar, erreichbar.“
Anna lehnte sich zurück. „Hm. Also weniger ‚Wir müssen besser werden‘ und mehr ‚Was heißt eigentlich besser?‘“
„Genau!“, schnurrte Gustav. „Und das Beste: Alle sehen es. Transparenz im ganzen Unternehmen. Jeder weiß, woran du arbeitest – und du weißt, wie dein Ziel zum großen Ganzen beiträgt.“
Anna runzelte die Stirn. „Aber was, wenn ich mein Ziel nicht erreiche?“
Gustav zwinkerte. „Dann bist du bei Google. Die verfehlen bewusst 40 % ihrer Langfristziele. Weil sie wissen, dass ambitionierte Ziele inspirieren – selbst wenn man sie nicht ganz erreicht.“
Anna lachte. „Das klingt fast… gesund. Und was ist mit diesen… CFRs?“
„Conversations, Feedback, Recognition“, sagte Gustav mit ernster Stimme. „Das ist der menschliche Teil. Keine sterile Zielverfolgung, sondern echte Gespräche. Regelmäßiger Austausch, gegenseitiges Feedback und ehrliche Anerkennung.“
Er sah sie an. „Kennst du das, wenn du nur einmal im Jahr ein Feedbackgespräch hast, das sich anfühlt wie ein Zahnarzttermin?“
Anna stöhnte. „Schlimmer. Danach kündigen bei uns regelmäßig Leute.“
„Eben!“, rief Gustav. „Adobe hat das auch erkannt. Jetzt machen sie Check-ins übers Jahr verteilt – Gespräche auf Augenhöhe. Es geht nicht nur um Zielerreichung, sondern um Motivation, Richtung und Freude an der Arbeit.“
Anna nickte langsam. „Also: Weniger Ziele, dafür mit Substanz. Regelmäßiger Austausch, damit wir nicht nur nach Zahlen funktionieren. Und Transparenz, damit alle an einem Strang ziehen.“
Gustav nickte. „Und jetzt schreib deine drei wichtigsten Ziele auf. Nicht acht. Nicht zehn. Drei.“
Anna nahm einen Stift. Dann hielt sie inne. „Gustav?“
„Hm?“
„Ich glaube, ich fang an, dich wirklich zu mögen.“
Gustav grinste breit. „Ein klar messbares Ergebnis!“
Commenti