Ehrlichkeit ohne Kampfmodus
- Jens Alsleben Stark im Sturm
- vor 12 Minuten
- 2 Min. Lesezeit

„Gustav, warum glauben manche Leute, dass Ehrlichkeit gleichbedeutend mit Lautstärke ist?“
Gustav blinzelte träge von der Fensterbank. „Weil sie Ehrlichkeit mit einer Kampfansage verwechseln.“
Anna seufzte. „Ich hatte heute ein Meeting, in dem ich um ehrliche Meinungen gebeten habe – und es hat sich angefühlt, als wäre ich mitten in einen Sturm geraten. Die Leute haben sich gegenseitig angeschrien, als wäre das der einzige Weg, offen zu sein.“
Gustav sprang auf den Schreibtisch und sah sie scharf an. „Das ist der Klassiker. Viele glauben, dass Ehrlichkeit nur dann zählt, wenn sie mit maximaler Intensität geäußert wird. Als ob eine Meinung erst dann Gewicht hat, wenn sie mit genug Nachdruck kommt.“
Anna lehnte sich zurück. „Aber das ist doch Unsinn. Ich will doch nicht, dass mein Team sich zurückhält – aber ich will auch keine hitzigen Debatten, in denen sich niemand mehr zuhört.“
„Genau da liegt der Unterschied“, nickte Gustav. „Candidness heißt nicht, dass du schreien musst, um gehört zu werden. Es bedeutet, offen zu sein – aber mit Respekt.“
Anna dachte nach. „Also sollte ich meinem Team klarmachen, dass sie so ehrlich sein können, wie sie wollen – solange sie nicht die Brücken zu ihren Kollegen abreißen?“
„Exakt!“, schnurrte Gustav. „Ehrlichkeit ohne Respekt ist nur Lärm. Und wer glaubt, dass er nur gehört wird, wenn er am lautesten ist, hat noch nie einen echten Anführer erlebt.“
Anna lächelte. „Dann werde ich das nächste Mal vor der Diskussion eine Regel aufstellen: Offenheit ist willkommen, aber Respekt ist Pflicht.“
Gustav zwinkerte. „Sehr gut. Und wenn du mich fragst, was ich wirklich über deine Fütterungszeiten denke, verspreche ich, es respektvoll zu sagen.“
Anna lachte. „Na, dann bin ich gespannt auf dein ehrliches, aber höfliches Feedback.“
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