Druck als Privileg
- Jens Alsleben Stark im Sturm
- 2. März
- 2 Min. Lesezeit

Anna saß mit verschränkten Armen vor ihrem Laptop. Sie starrte auf die Präsentation, die sie morgen vor der Geschäftsleitung halten musste. Ihr Magen zog sich zusammen. Es war ein wichtiger Moment – vielleicht der wichtigste in ihrer bisherigen Karriere. Und sie fühlte sich nicht bereit.
Gustav sprang auf den Schreibtisch und sah sie mit seinen grünen Augen an. „Du siehst aus, als hätte jemand deine Maus gefressen.“
Anna seufzte. „Ich bin nervös. Es ist so viel Druck. Wenn ich morgen versage…“
„Halt! Stopp! Hörst du dir eigentlich selbst zu?“ Gustav wedelte mit der Pfote in der Luft. „Du tust ja gerade so, als ob du aus Versehen in diese Situation geraten bist!“
„Wie meinst du das?“
„Ich meine, dass du nicht zufällig hier gelandet bist. Du hast dich in die Arena gearbeitet. Du bist nicht hier, weil du Glück hattest, sondern weil du es kannst.“
Anna lehnte sich zurück. „Aber was, wenn der Druck mich blockiert?“
Gustav setzte sich gerade hin. „Druck ist ein zweischneidiges Schwert. Er kann dich lähmen – oder er kann dich schärfen. Es kommt darauf an, wie du ihn siehst.“
„Und wie soll ich ihn sehen?“
„Als Privileg!“ rief Gustav aus. „Druck bedeutet, dass etwas auf dem Spiel steht. Und etwas steht nur dann auf dem Spiel, wenn du etwas Bedeutendes tust. Wenn du hier sitzt und denkst: Ich kann scheitern, dann ist das die falsche Perspektive. Denk lieber: Ich habe mir diesen Moment verdient.“
Anna ließ seine Worte sacken.
„Also soll ich mir einfach einreden, dass ich mich freue?“
Gustav nickte. „Das nennt man Reframing. Dein Herz schlägt schneller, deine Hände werden schwitzig – das ist nicht Angst, das ist Energie! Sag dir: Ich bin aufgeregt, nicht nervös! Dein Körper kann den Unterschied nicht erkennen, aber dein Kopf kann ihn definieren.“
„Okay… und was, wenn ich trotzdem Angst habe?“
„Dann erinnere dich daran, warum du hier bist“, sagte Gustav. „Du hast die Fähigkeiten, die Erfahrung und die Kompetenz. Es ist nicht das erste Mal, dass du unter Druck performst – und du hast es jedes Mal geschafft. Also nutze den Druck, um dich zu fokussieren, anstatt dich zu verkrampfen.“
Anna atmete tief durch.
„Du hast recht. Ich bin nicht zufällig hier. Ich habe mir diesen Moment erarbeitet.“
Gustav grinste. „Genau! Und morgen zeigst du, was du kannst. Nicht aus Angst vor dem Scheitern – sondern aus Freude daran, dass du es geschafft hast, hier zu sein.“
Anna schloss den Laptop. „Danke, Gustav. Ich denke, ich bin bereit.“
Gustav sprang auf ihren Schoß. „Das warst du die ganze Zeit. Du musstest es dir nur selbst sagen.“
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