Die Macht der richtigen Figur
- Jens Alsleben Stark im Sturm
- 28. Feb.
- 2 Min. Lesezeit

Anna lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und rieb sich die Schläfen. Sie hatte gerade ein Meeting mit einem ihrer Teamleiter hinter sich, der stolz eine neue Prozessoptimierung vorgestellt hatte – eine, die für sie auf den ersten Blick wenig sinnvoll erschien.
„Was ist los? Siehst aus, als hättest du Kopfschmerzen“, sagte Gustav und ließ sich auf ihrem Schreibtisch nieder.
„Ich frage mich, wie ich diesem Teamleiter Feedback gebe, ohne dass er es als Kritik auffasst“, seufzte Anna. „Seine Idee klingt ambitioniert, aber ich sehe große Probleme. Wenn ich einfach sage, dass ich Bedenken habe, fühlt er sich vielleicht übergangen.“
Gustav putzte sich kurz über die Schnurrhaare und blinzelte sie an. „Dann stell doch einfach eine Frage.“
Anna zog die Augenbrauen hoch. „Eine Frage?“
„Klar! Statt zu sagen: Das wird nicht funktionieren, könntest du fragen: Welche Risiken siehst du bei dieser Lösung? Oder statt zu sagen: Wir haben das schon einmal probiert, das ging schief, fragst du: Was ist dieses Mal anders, sodass es funktionieren könnte?“
Anna dachte nach. „Wenn ich eine Frage stelle, zwinge ich ihn zum Nachdenken, ohne dass es wie ein direkter Widerspruch klingt.“
„Ganz genau.“ Gustav schnippte mit der Schwanzspitze. „Menschen reagieren oft defensiv, wenn sie kritisiert werden. Aber wenn du ihnen eine Frage stellst, setzen sie sich selbst mit dem Problem auseinander, ohne dass du die Böse sein musst.“
Anna grinste. „Das ist eigentlich ziemlich clever.“
„Natürlich ist es das“, meinte Gustav selbstzufrieden. „Wenn du Feedback gibst, das sich wie ein Vorschlag anhört und nicht wie eine Korrektur, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es tatsächlich ankommt.“
Anna lehnte sich vor und notierte sich ein paar Fragen für das nächste Gespräch mit ihrem Teamleiter.
„Und wenn er meine Fragen einfach ignoriert?“
Gustav zuckte mit den Schultern. „Dann kannst du immer noch direkter werden. Fragen sind eine elegante Möglichkeit, Feedback zu geben – aber wenn es nötig ist, musst du auch Klartext reden.“
Anna nickte. Sie würde es mit den Fragen versuchen. Wenn das bedeutete, dass ihr Team bessere Entscheidungen traf, ohne sich ständig angegriffen zu fühlen, dann hatte sich die Lektion gelohnt.
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