Gustav saß wie gewohnt auf der Fensterbank und beobachtete Anna, die in Gedanken versunken an ihrem Schreibtisch saß. „Anna, was beschäftigt dich?“ fragte er schließlich, als er die Stirnfalten bemerkte.
Anna seufzte. „Ich habe heute im Meeting etwas gesagt, das ein Teammitglied verletzt hat. Es war nicht meine Absicht, aber jetzt fühle ich mich schrecklich. Ich frage mich, ob ich mich entschuldigen sollte.“
Gustav neigte den Kopf. „Du hast jemanden verletzt, auch wenn es unbeabsichtigt war. Warum zögerst du?“
„Ich weiß nicht“, antwortete Anna. „Ich bin die Führungskraft. Sollte ich wirklich Fehler zugeben? Es fühlt sich wie ein Zeichen von Schwäche an.“
Gustav schnurrte leise. „Anna, jeder macht Fehler. Sogar Führungskräfte. Eine Entschuldigung ist kein Zeichen von Schwäche – es ist ein Zeichen von Stärke.“
Anna hob eine Augenbraue. „Wie kann das sein? Viele sehen eine Entschuldigung als Eingeständnis von Versagen.“
„Das ist das Problem“, erklärte Gustav. „Zu viele Führungskräfte verstecken sich hinter ihren guten Absichten. Sie denken, dass sie sich nicht entschuldigen müssen, weil sie es nicht böse gemeint haben. Aber gute Absichten entschuldigen nicht das Fehlverhalten. Die Menschen erwarten und verdienen eine Entschuldigung, wenn sie verletzt wurden.“
Anna nickte langsam. „Das Teammitglied hat sich zurückgezogen, nachdem ich das gesagt habe. Ich glaube, es hat wirklich wehgetan. Aber warum fällt es mir so schwer, mich zu entschuldigen?“
„Weil du denkst, es würde deine Autorität untergraben“, antwortete Gustav ruhig. „Aber in Wirklichkeit zeigt es Stärke, Verantwortung zu übernehmen. Eine Entschuldigung zeigt, dass du deine Fehler erkennst und daran arbeitest, sie in Zukunft zu vermeiden. Es baut Vertrauen auf, weil du deinen Teammitgliedern zeigst, dass dir ihre Gefühle wichtig sind.“
„Aber was, wenn sie denken, ich sei schwach?“ fragte Anna zögernd.
„Dann verstehen sie nicht die wahre Bedeutung einer Entschuldigung“, sagte Gustav. „Gute Führungskräfte verstecken sich nicht hinter Ausreden oder guten Absichten. Sie stehen zu ihren Fehlern und zeigen, dass sie genauso verantwortlich sind wie jeder andere.“
Anna seufzte erneut, dieses Mal entschlossener. „Du hast recht. Es geht nicht darum, stark zu wirken, sondern darum, Verantwortung zu übernehmen und die Beziehung zu meinem Team zu stärken.“
„Ganz genau“, schnurrte Gustav zufrieden. „Wenn du dich entschuldigst, zeigst du deinem Team, dass dir die Wahrheit und die Beziehung zu ihnen wichtiger sind als dein Ego.“
Anna stand auf. „Ich werde mich bei meinem Teammitglied entschuldigen. Es ist das Richtige.“
„Und genau das macht dich zu einer guten Führungskraft“, sagte Gustav leise. „Denn wahre Stärke zeigt sich nicht darin, Fehler zu verstecken, sondern darin, sie zuzugeben.“
Mit einem Gefühl der Klarheit machte sich Anna auf den Weg, um die Dinge richtigzustellen. Sie wusste, dass eine Entschuldigung nicht nur den aktuellen Moment heilen würde, sondern auch das Vertrauen in ihre Führung stärken würde.
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