Der Weg zur Klarheit
- Jens Alsleben Stark im Sturm
- 20. März
- 2 Min. Lesezeit

Anna saß am Fenster und beobachtete die vorbeiziehenden Menschen auf der Straße. Einige eilten mit Einkaufstaschen vorbei, andere unterhielten sich, während sie gemütlich schlenderten. Sie alle wirkten beschäftigt, in Bewegung – aber wohin?
Gustav sprang geschmeidig auf die Fensterbank und lehnte sich gegen sie. „Du siehst aus, als würdest du nach etwas suchen.“
„Vielleicht,“ murmelte Anna. „Ich frage mich, warum manche Menschen genau wissen, was sie wollen, während andere ewig nach ihrem Sinn suchen.“
Gustav schnurrte leise. „Manchmal findet man seinen Sinn nicht durch Nachdenken, sondern durchs Tun.“
Anna drehte sich zu ihm. „Wie meinst du das?“
„Nimm Gandhi“, begann Gustav. „Er sagte einmal, dass der beste Weg, sich selbst zu finden, darin besteht, sich im Dienst an anderen zu verlieren. Klingt paradox, oder?“
Anna dachte nach. „Also meinst du, man findet Klarheit über sich selbst, indem man anderen hilft?“
„Genau!“, rief Gustav aus. „Wenn du für andere da bist – sei es durch Mentoring, Freiwilligenarbeit oder einfaches Zuhören –, bekommst du eine völlig neue Perspektive. Plötzlich siehst du nicht nur, was andere brauchen, sondern auch, was für dich selbst wirklich zählt.“
Anna nickte langsam. „Das erinnert mich an eine Kollegin. Sie hatte jahrelang nach einer erfüllenden Karriere gesucht, bis sie angefangen hat, junge Frauen zu coachen. Plötzlich wusste sie, dass ihre Leidenschaft im Mentoring liegt.“
„Ein klassisches Beispiel“, sagte Gustav. „Der Sinn ihres Lebens hat sie gefunden, nicht umgekehrt.“
Anna lehnte sich zurück. „Aber heißt das, dass jeder seinen Sinn im Dienen finden muss?“
„Nicht unbedingt“, erwiderte Gustav. „Aber es hilft, sich selbst klarer zu sehen. Wenn du dich auf andere konzentrierst, tritt dein eigenes Ego in den Hintergrund – und das erlaubt dir, Dinge zu erkennen, die dir sonst verborgen bleiben würden.“
Ein Lächeln huschte über Annas Gesicht. „Also könnte ich mir selbst helfen, indem ich mich mehr für andere engagiere?“
Gustav nickte. „Es wäre zumindest einen Versuch wert. Vielleicht wartet deine nächste große Erkenntnis genau dort, wo du sie am wenigsten erwartest.“
Anna schaute wieder aus dem Fenster. Die Menschen zogen weiter, aber jetzt sah sie sie mit anderen Augen. Vielleicht war es an der Zeit, nicht mehr nach dem perfekten Plan zu suchen, sondern einfach anzufangen – und zu sehen, wohin der Weg sie führte.
Comments