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Der Spiegel der Verantwortung

Autorenbild: Jens Alsleben Stark im SturmJens Alsleben Stark im Sturm

Schön, dass du wieder dabei bist!


Alle vier Wochen gibt’s hier etwas anderen Gustav-Nachschub – eine Geschichte über Anna und ihren kleinen Säbelzahntiger, die an die letzten beiden Podcast-Folgen von „Der Säbelzahntiger“ anknüpft. Diesmal geht’s um ein Thema, das uns alle betrifft – oft, ohne dass wir es merken.


Falls du den Podcast noch nicht kennst (höchste Zeit!), du findest ihn hier auf Spotify:



Oder auf Apple Music, Amazon Music & Co. – eben überall, wo es Podcasts gibt.


Und weil wir in Folge 11 eine ganz besondere Gästin hatten, findest du im Anhang diesmal nur die Recherchen zu Folge 12.


Und jetzt: Viel Spaß mit der neuesten Ausgabe von „Gustavs Morgendialog“! 🎙🐯


 

Der Spiegel der Verantwortung


Anna saß in ihrem Büro und starrte nachdenklich auf ihren Bildschirm. Die Teamdynamik hatte sich in den letzten Wochen verändert, und es lag eine unsichtbare Spannung in der Luft. Konflikte schwelten unter der Oberfläche, Kollegen gingen einander aus dem Weg, und jeder schien frustriert über die „Fehler der anderen“.


Gustav, der kleine Säbelzahntiger, saß wie immer auf der Fensterbank, ließ sich die Sonne auf den Pelz scheinen und musterte Anna mit seinen grünen Augen. „Du siehst aus, als würdest du gleich in einen Kampf ziehen“, bemerkte er trocken.


„Es fühlt sich auch so an“, seufzte Anna. „Jeder schiebt die Schuld auf den anderen, und ich weiß nicht, wie ich das durchbrechen soll. Niemand übernimmt Verantwortung. Und was mich am meisten wundert: Die Leute beschweren sich über genau die Eigenschaften bei anderen, die sie selbst oft zeigen.“


Gustav gähnte demonstrativ. „Willkommen in der Welt der Projektion, Anna.“

Anna zog eine Augenbraue hoch. „Projektion? Meinst du das mit einem Beamer und einer Präsentation?“


„Nicht ganz“, schmunzelte Gustav. „In der Psychologie bedeutet Projektion, dass Menschen unerwünschte Eigenschaften oder Gefühle, die sie bei sich selbst nicht sehen wollen, auf andere übertragen. Dein Team tut genau das: Jeder beklagt sich über die Unfähigkeit der anderen, ohne zu merken, dass sie selbst vielleicht das gleiche Verhalten zeigen.“


Anna dachte darüber nach. „Also wenn jemand sich über die mangelnde Zuverlässigkeit eines Kollegen aufregt, könnte es sein, dass er selbst nicht besonders zuverlässig ist?“


„Exakt!“, rief Gustav. „Sigmund Freud nannte das einen Abwehrmechanismus. Es schützt das Ego. Statt sich der eigenen Schwächen bewusst zu werden, wird die Verantwortung nach außen verlagert. Der Hammer-Witz bringt es gut auf den Punkt.“


„Welcher Hammer-Witz?“ fragte Anna neugierig.


Gustav grinste. „Ein Mann will sich von seinem Nachbarn einen Hammer leihen. Doch noch bevor er rübergeht, stellt er sich vor, wie der Nachbar über ihn urteilt: ‚Was für ein Trottel, nicht mal einen Hammer hat er!‘ Der Mann steigert sich so sehr in seine Annahmen hinein, dass er am Ende vor Wut zur Tür stürmt, klingelt – und den Nachbarn anschreit: ‚Behalte deinen blöden Hammer!‘“


Anna schüttelte lachend den Kopf. „Das klingt leider viel zu realistisch.“


Gustav nickte. „Genau das passiert in Teams. Anstatt den eigenen Anteil zu hinterfragen, schaffen wir uns ein verzerrtes Bild der anderen und reagieren dann auf unsere eigene Projektion.“


Anna ließ die Worte auf sich wirken. „Aber es gibt noch etwas anderes. Niemand scheint Verantwortung für die Konflikte zu übernehmen. Es ist, als würde jeder darauf warten, dass jemand anderes das Problem löst.“


Gustav legte den Kopf schief. „Klassische Verantwortungsdiffusion. In Gruppen neigen Menschen dazu, Verantwortung abzuschieben, weil sie denken, jemand anderes wird sich schon darum kümmern.“


Anna stützte ihr Kinn auf die Hand. „Wie der Effekt, dass in großen Gruppen eher niemand hilft, weil jeder annimmt, ein anderer würde eingreifen?“


„Ganz genau!“, bestätigte Gustav. „Das wurde in Studien gut erforscht. In einem Experiment ließen Forscher einen Schauspieler so tun, als würde er auf einer belebten Straße zusammenbrechen. Je mehr Menschen anwesend waren, desto weniger war jemand bereit, zu helfen – alle dachten, es sei nicht ihre Aufgabe.“


Anna runzelte die Stirn. „Das erklärt, warum in meinem Team so wenig Eigeninitiative gezeigt wird. Wie durchbreche ich das?“


Gustav sprang von der Fensterbank auf ihren Schreibtisch. „Da gibt es eine Strategie, die ein kluger Mann namens Colin Powell empfohlen hat: Klarheit und Selbstverantwortung. Powell sagte, dass wahre Führung auf Vertrauen basiert – und dass Menschen dann folgen, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Anführer die gleiche Last trägt.“


„Erzähl mir mehr“, forderte Anna.


„Powell lernte in der Armee, dass ein Anführer nie frieren darf, selbst wenn er friert. Nie hungrig aussehen darf, selbst wenn er es ist. Und nie Angst zeigen darf, selbst wenn er innerlich zittert. Warum? Weil Menschen Führung durch Vertrauen folgen. Sie beobachten ihr Gegenüber genau – und wenn sie Unsicherheit oder Schuldzuweisungen sehen, spiegelt sich das im gesamten Team wider.“


Anna nickte langsam. „Das bedeutet also, wenn ich möchte, dass mein Team Verantwortung übernimmt, muss ich als erstes ein Vorbild dafür sein.“


„Richtig!“, bestätigte Gustav. „Und das bedeutet: Keine Projektionen, keine Schuldzuweisungen. Stattdessen Transparenz, Selbstreflexion und eine klare Erwartungshaltung an alle.“


Anna atmete tief durch. „Also sollte ich im nächsten Team-Meeting die Situation offen ansprechen, Projektion erklären und jedem die Verantwortung für sein eigenes Verhalten zurückgeben.“


Gustav grinste. „Das wäre ein guter Anfang. Und wenn jemand dann doch auf Schuldzuweisungen besteht, frag ihn doch mal: ‚Wofür ist dir das wichtig?‘ Das bringt oft erstaunliche Erkenntnisse ans Licht.“


Anna lehnte sich zurück und lächelte. „Ich glaube, das wird ein interessantes Meeting.“


Gustav schnurrte zufrieden. „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“


 

Recherche zu Projektionen


Projektion


Projektion ist ein Abwehrmechanismus, bei dem unakzeptable Gefühle oder Eigenschaften des Selbst auf andere übertragen werden, um Bedrohungen für das eigene Ego abzuwehren. Diese Gefühle werden oft als Teil der Fremdgruppe wahrgenommen, was häufig zu einem Prozess des Othering führt, bei dem das „Andere“ das Gegenteil des Selbst darstellt. Freud definierte Projektion zunächst als einfache psychische Schutzmaßnahme und entwickelte sie später weiter zu einem Abwehrmechanismus, der mit Paranoia in Verbindung steht. Durch Projektion wird Angst reduziert, indem bedrohliche innere Zustände auf die Außenwelt übertragen werden. Wenn die Realität dabei verzerrt wird, kann die Außenwelt als bedrohlich erscheinen, was zu paranoiden Zuständen führen kann.


Freud betrachtete Projektion auch als normalen Mechanismus, um neue Situationen zu verstehen, indem interne Wahrnehmungen nach außen projiziert werden. In der Psychoanalyse wurde die Theorie der Projektion weiterentwickelt, insbesondere in der Objektbeziehungstheorie, die sich auf die Beziehung zwischen dem Selbst und anderen Objekten konzentriert. Melanie Klein legte besonderen Wert auf die Rolle von Projektion und Introjektion in der frühen Kindheit, wobei „schlechte“ Erfahrungen projiziert und „gute“ internalisiert werden, um das Ego zu schützen.


Kritiker der Psychoanalyse bemängeln oft ihre fehlende Wissenschaftlichkeit, und empirische Beweise für den psychoanalytischen Ansatz der Projektion sind begrenzt, obwohl einige Unterstützung für Projektion als Abwehrmechanismus vorhanden ist. Ein wichtiger Begriff in Kleins Theorie ist die projektive Identifikation, eine komplexe Wechselwirkung von Projektion und Introjektion, bei der Gefühle zwischen Subjekt und Objekt übertragen werden.


Projektion bleibt ein zentraler Begriff in der psychoanalytischen Theorie und Therapie, wobei die Debatten weniger über Projektion selbst als vielmehr über die Psychoanalyse als Ganzes geführt werden. Die Psychoanalyse wird oft als unwissenschaftlich kritisiert, da viele ihrer Konzepte schwer objektiv messbar sind. Versuche, Projektion aus einem sozial-kognitiven Rahmen zu untersuchen, sind aufgrund der Schwierigkeiten, unbewusste Prozesse empirisch zu erfassen, begrenzt. Dennoch gibt es einige empirische Unterstützung für Projektion als Abwehrmechanismus.


Kritische Psychologen werfen der Psychoanalyse vor, menschliches Verhalten zu sehr zu essentialisieren und sich zu stark auf individuelle Faktoren zu konzentrieren. Theoretiker wie Frantz Fanon nutzen jedoch Projektion als nützliches Konzept zur Erklärung sozialer Prozesse, etwa des Rassismus. Weiße Menschen projizieren dabei „primitive“ Eigenschaften des eigenen Selbst auf Schwarze, was wiederum ihre eigenen Ängste verstärkt.


Freudianische Abwehrmechanismen


Reaktionsformation


Reaktionsformation ist ein Abwehrmechanismus, bei dem ein inakzeptabler Impuls in sein Gegenteil umgekehrt wird, um das Selbstwertgefühl zu schützen. Menschen verhalten sich auf eine Weise, die das Gegenteil einer ihnen zugeschriebenen negativen Eigenschaft zeigt. Ein Beispiel dafür ist, dass Vorwürfe der Intoleranz durch übertriebene Friedfertigkeit beantwortet werden. Ursprüngliche Forschung konzentrierte sich auf sexuelle und aggressive Impulse, die als bedrohlich für das Selbst angesehen werden und daher unbewusst umgekehrt werden.


Beispiele hierfür sind Frauen mit hoher Abneigung gegenüber sexuellen Darstellungen, die in Selbstberichten geringere sexuelle Erregung zeigten als Antwort auf Pornographie, obwohl physiologisch das Gegenteil gemessen wird. Ein weiteres Beispiel sind homophobe Männer, die bei homosexuellen Inhalten in Selbstberichten niedrige Erregung angeben, während physiologische Messungen höhere Erregung zeigen. Menschen, denen Vorurteile wie Rassismus vorgeworfen werden, können übertriebene Freundlichkeit oder Großzügigkeit gegenüber der betroffenen Gruppe zeigen, etwa höhere Spenden an Schwarze nach einem Vorwurf des Rassismus. Auch Personen mit hohem Selbstwert neigen dazu, nach Misserfolgen optimistischere Prognosen für ihre Leistung abzugeben, was als irrationale Abwehrreaktion interpretiert wird.


Die Forschung zeigt, dass Reaktionsformation häufig als Reaktion auf Bedrohungen des Selbstwerts auftritt, auch wenn sie nicht immer exakt Freuds Modell folgt. Die Frage bleibt, ob diese Reaktionen rein intrapsychische Verteidigungsmechanismen sind oder eher Strategien zur Selbstdarstellung.


Projektion


Projektion bezieht sich auf das Wahrnehmen eigener Eigenschaften in anderen. Eine strengere Definition beinhaltet das Wahrnehmen von Eigenschaften in anderen, die man fälschlicherweise bei sich selbst leugnet. In der einfacheren Form der Projektion, wie dem False-Consensus-Effekt, überschätzen Menschen, wie viele andere ihre eigenen Eigenschaften oder Meinungen teilen. Dieser Effekt tritt eher bei positiven Eigenschaften auf.


Es gibt jedoch wenig Beweise dafür, dass Projektion als Abwehrmechanismus dazu dient, eigene negative Eigenschaften zu leugnen. Kritiker der klassischen Projektionstheorie argumentieren, dass es unklar bleibt, wie das Wahrnehmen negativer Eigenschaften in anderen dazu führt, dass man diese bei sich selbst nicht erkennt. Das neue Modell der defensiven Projektion nach Newman et al. (1997) legt nahe, dass Menschen unerwünschte Eigenschaften unterdrücken, was diese Kategorien besonders zugänglich macht und dazu führt, dass sie andere eher als Träger dieser Eigenschaften wahrnehmen. In Experimenten zeigten Personen, die schlechte Rückmeldungen über eine Eigenschaft erhielten und diese unterdrücken sollten, eine stärkere Neigung, diese Eigenschaft in anderen zu erkennen.


Fazit: Projektion als Abwehrmechanismus ist eher ein Nebeneffekt der Unterdrückung eigener unerwünschter Gedanken und nicht die zentrale Strategie, wie Freud ursprünglich annahm.


Displacement


Displacement bezieht sich auf das Umlenken eines Impulses von einem unakzeptablen Ziel auf ein anderes. Ein Beispiel wäre, wenn ein gewaltsamer Impuls gegenüber dem Vater in eine feindliche Haltung gegenüber Autoritätsfiguren umgeleitet wird. Studien zur Verschiebung von Aggression zeigen, dass frustrierte Personen genauso aggressiv gegenüber anderen Personen sind wie gegenüber dem ursprünglichen Auslöser ihrer Frustration, was darauf hindeutet, dass das Displacement effektiv funktioniert.


Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass diese Aggression eher durch allgemeine Erregung oder Stimmung als durch den Mechanismus des Displacement erklärt werden könnte. Zillmans Forschung zeigt, dass Erregung von einer Situation auf eine andere übertragen werden kann, was aggressives Verhalten beeinflusst, selbst wenn die ursprüngliche Erregung keinen direkten Bezug zur neuen Situation hat. Bushman und Baumeister (1998) fanden keine Anzeichen für verschobene Aggression, als sie untersuchten, ob Menschen nach einer Kränkung ihre Aggression auf eine dritte Person umleiten. Die Sündenbock-Theorie interpretiert Lynchmorde in den USA als Beispiel für verschobene Aggression, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Verbindung gebracht wurde.


Auch Versuche, sexuelle Impulse als Displacement zu untersuchen, wie etwa die Zunahme ehelichen Geschlechtsverkehrs nach dem Anschauen pornografischer Filme, könnten durch allgemeine Erregung erklärt werden. Trotz der intuitiven Plausibilität des Displacement gibt es wenig klare Beweise dafür, und viele Ergebnisse lassen sich durch alternative Erklärungen wie Erregung oder Stimmungseffekte erklären. Das Displacement basiert möglicherweise auf dem mittlerweile größtenteils widerlegten Katharsis-Modell, das annimmt, dass aggressive Impulse ausgedrückt werden müssen, um sich zu entladen.


Undoing


Undoing bezeichnet den Versuch, die Vergangenheit zu ändern, um ein Missgeschick rückgängig zu machen. In extremen Fällen ist es mit zwanghaften Verhaltensweisen und magischem Denken verbunden. In milderer Form äußert es sich in unkontrollierten Gedankenschleifen und kontrafaktischem Denken, besonders nach negativen Ereignissen. Studien zeigen, dass Menschen nach negativen Ereignissen häufig kontrafaktische Gedanken haben, insbesondere bei unerwarteten Misserfolgen. Solche Gedanken können sowohl emotionalen Trost bringen als auch Lernmöglichkeiten schaffen.


Ein Beispiel dafür ist, dass entlassene Führungskräfte die Entlassungsszene wiederholt durchspielen und sich vorstellen, wie sie sich besser verteidigen könnten. Medvec et al. (1995) zeigten, dass Olympia-Silbermedaillengewinner unzufriedener waren als Bronzegewinner, da sie sich vorstellten, wie knapp sie Gold verpasst hatten. Roese (1994) zeigte, dass Aufwärtsvergleiche (bessere Szenarien) Menschen halfen, aus ihren Fehlern zu lernen und sich bei späteren Aufgaben zu verbessern, während Abwärtsvergleiche emotionale Linderung bieten konnten.


Kontrafaktisches Denken kann jedoch auch Selbstvorwürfe und Scham verstärken. Menschen mit hohem Selbstwert neigen dazu, nach Erfolgen ihre eigenen Handlungen als entscheidend zu betrachten, während Menschen mit niedrigem Selbstwert nach Misserfolgen eher die Schuld bei sich suchen. Fazit: Ungeschehenmachen scheint eher ein Bewältigungsmechanismus als ein Abwehrmechanismus zu sein, da es hilft, sich besser zu fühlen oder in Zukunft bessere Entscheidungen zu treffen, jedoch nicht effektiv vor den negativen Implikationen vergangener Ereignisse schützt.


Isolation


Isolation bezeichnet das Schaffen eines mentalen Abstands zwischen bedrohlichen Gedanken und anderen Gedanken oder Gefühlen. Diese Trennung minimiert den Einfluss der bedrohlichen Gedanken, ohne sie vollständig zu entfernen. Freud illustrierte Isolation als das bewusste Einfügen von Pausen oder das Wechseln zu einem neuen Thema, um eine Verbindung zu bedrohlichen Gedanken zu vermeiden.


Repressoren, also Menschen, die unangenehme Gedanken unterdrücken, zeigen keine geringeren negativen Emotionen, aber sie verknüpfen diese nicht stark mit anderen negativen Gefühlen. Studien belegen, dass Repressoren nach unangenehmen Reizen spontan positive oder neutrale Gedanken entwickeln, wodurch die Verarbeitung von negativen Ereignissen minimiert wird. Depressive Menschen hingegen verarbeiten Informationen ausführlicher und verknüpfen negative Gedanken stärker, was negative Emotionen verstärkt.


Experimente zeigen, dass schnelles Reagieren auf negatives Feedback dazu führt, dass Menschen dieses ignorieren und positives Feedback bevorzugen, während längeres Nachdenken zu mehr Akzeptanz des negativen Feedbacks führt. Trivialisierung kann als eine Form der Isolation angesehen werden, bei der ein Fehlverhalten als bedeutungslos abgetan wird, um das Selbstkonzept nicht zu beeinträchtigen. Zeitliche Abgrenzung, wie religiöse Bekehrungen oder Entsiegelungen von Jugendstraftaten, ist eine weitere Form der Isolation.


Fazit: Isolation ist ein realer und effektiver Abwehrmechanismus, der auf verschiedenen Wegen gestützt wird. Repressoren und Menschen mit geringem Selbstwert nutzen Isolation, um ihre Identität und ihr Selbstkonzept vor den negativen Implikationen vergangener Ereignisse zu schützen.


Sublimation


Sublimierung bezeichnet das Umleiten sozial inakzeptabler Instinkte wie sexuelle oder aggressive Impulse in sozial anerkannte Aktivitäten, etwa künstlerische oder intellektuelle Tätigkeiten. Freud sah Sublimierung als Möglichkeit, unerwünschte Impulse in wertvolle, gesellschaftlich akzeptierte Handlungen umzuwandeln, um das Selbstwertgefühl zu schützen. Trotz der Bedeutung dieses Konzepts in der psychoanalytischen Theorie gibt es jedoch keine empirischen Belege für die Sublimierung in der psychologischen Forschung.


Historische und kulturelle Beispiele, wie das Viktorianische Zeitalter oder der Wilde Westen, zeigen keine klare Verbindung zwischen sexueller Unterdrückung und erhöhter kreativer oder intellektueller Produktivität. Untersuchungen zu Sexualverhalten und Bildungserfolg zeigen, dass gebildetere Menschen mehr Sexualpartner haben und ein aktiveres Sexualleben führen, was im Widerspruch zur Sublimierungstheorie steht.


Studien zum Zölibat bei katholischen Priestern deuten darauf hin, dass sexuelle Unterdrückung keine positiven psychologischen oder spirituellen Effekte hat. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass Sublimierung bei berühmten Künstlern, Schriftstellern oder Musikern zu größerer Kreativität geführt hat. Fazit: Die Theorie der Sublimierung hat wenig bis keine empirische Unterstützung, und die fehlenden Belege sowie widersprüchlichen Daten deuten darauf hin, dass Sublimierung wahrscheinlich kein wirksamer Abwehrmechanismus ist.


Denial


Denial umfasst das bewusste oder unbewusste Ablehnen oder Ignorieren von Tatsachen, die bedrohlich oder unangenehm sind. Sie reicht von der Weigerung, offensichtliche physische Realitäten zu akzeptieren, bis hin zur Ablehnung von Implikationen unangenehmer Ereignisse. Denial unterscheidet sich von Verdrängung dadurch, dass sie bewusst geschieht, während Verdrängung unbewusst abläuft.


Denial kann viele Formen annehmen, wie das Minimieren von Risiken oder das Ablehnen von negativem Feedback. Menschen neigen dazu, negatives Feedback zu ignorieren oder die Validität der Bewertung infrage zu stellen, besonders bei Bedrohungen des Selbstwerts. Personen mit hohem Selbstwert verteidigen sich häufiger gegen negatives Feedback, indem sie den Test oder den Bewerter infrage stellen.


Studien zeigen, dass Denial kurzfristig positive Auswirkungen haben kann, indem es Stress reduziert. Langfristig kann es jedoch maladaptive Folgen haben, da es effektives Handeln verhindert. Fazit: Denial ist ein weit verbreiteter Abwehrmechanismus, der Menschen hilft, sich vor Bedrohungen des Selbstwerts zu schützen, indem sie negative Informationen ablehnen oder herunterspielen. In extremen Fällen kann Denial auch zu Fehlwahrnehmungen der Realität führen.


Projection Bias


Projection Bias beschreibt die Tendenz, zu unterschätzen, wie stark sich unsere zukünftigen Präferenzen von unseren aktuellen unterscheiden werden. Menschen neigen dazu, zu glauben, dass ihre zukünftigen Wünsche und Vorlieben den gegenwärtigen sehr ähnlich sind, obwohl sich diese oft durch Faktoren wie Gewohnheiten, Stimmungsänderungen oder Umwelteinflüsse verändern. Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Planen eines Sommerurlaubs im Winter: Menschen entscheiden sich im Winter häufig für zu warme Reiseziele, weil sie unterschätzen, wie wenig sie die Hitze später mögen werden.


Diese Verzerrung hat auch wirtschaftliche Konsequenzen. Ein Problem ist der Überkonsum: Menschen neigen dazu, früh im Leben zu viel zu konsumieren und zu wenig zu sparen, da sie die zukünftigen negativen Auswirkungen dieses Konsums auf ihr Wohlbefinden unterschätzen. Ein weiteres Beispiel sind Fehlkäufe von langlebigen Gütern. Menschen kaufen in Momenten hoher Wertschätzung oft mehr solcher Güter, weil sie die Schwankungen in ihrer zukünftigen Wertschätzung nicht richtig einschätzen.


Ein formales Modell verdeutlicht, dass die Projektion von aktuellen Präferenzen auf zukünftige dazu führt, dass das zukünftige Nutzenempfinden zwischen dem aktuellen und dem tatsächlichen zukünftigen Nutzen liegt. Dies führt zu dynamischer Inkonsistenz, bei der Menschen Entscheidungen treffen, die sie später nicht einhalten können, weil sie ihre zukünftigen Bedürfnisse und Vorlieben falsch vorhersagen.


 

Quellen


  1. Baumeister, R. F., Dale, K., Sommer, K. L., & Case Western Reserve University. (1998). Freudian Defense mechanisms and empirical findings in modern social psychology: reaction formation, projection, displacement, undoing, isolation, sublimation, and denial. Journal of Personality, 1082–1083. https://faculty.fortlewis.edu/burke_b/personality/readings/freuddefense.pdf

  2. Loewenstein, G., & Rabin, T. O. a. M. (2003). Projection bias in predicting future utility. The Quarterly Journal of Economics, 118(4), 1209–1248. https://www.jstor.org/stable/25053938

  3. Rohleder, P. (2014). Projection, overview. In Springer eBooks (pp. 1520–1522). https://doi.org/10.1007/978-1-4614-5583-7_415



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