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Der Anker in unbekannten Gewässern

„Anna, du bist festgefahren.“


Anna blickte von ihrem Laptop auf und musterte Gustav, der auf der Fensterbank saß und sie mit seinen smaragdgrünen Augen durchdringend ansah. „Was soll das denn heißen?“


„Na, du hast dich eingerichtet. Du bist gut in deinem Job, kennst dein Team, meisterst deine Aufgaben. Aber wann hast du dich das letzte Mal wirklich herausgefordert?“


Anna lehnte sich zurück. „Also bitte, mein Job ist Herausforderung genug. Ich muss jeden Tag komplexe Entscheidungen treffen, das Team leiten, Probleme lösen. Ich wachse doch ständig.“


Gustav schüttelte den Kopf. „Ja, du verwaltest Herausforderungen, aber du setzt dir keine neuen, die über deinen Alltag hinausgehen. Du bist wie ein Segelboot, das im flachen Wasser aufgelaufen ist.“


Anna schnaubte. „Und was soll ich dagegen tun? Die Gezeiten abwarten?“


Gustav grinste. „Nein, du brauchst einen Kedge-Anker.“


„Einen was?“


„Ein Kedge-Anker!“, erklärte Gustav und sprang auf den Tisch. „Erfahrene Segler nutzen ihn, wenn sie auf Grund gelaufen sind. Sie bringen einen kleinen Anker ins tiefere Wasser und ziehen sich daran frei.“


Anna runzelte die Stirn. „Und was hat das mit mir zu tun?“


„Ganz einfach,“ sagte Gustav. „Ein Kedge-Anker ist wie ein großes Ziel, das du dir setzt – aber nicht eines, das einfach erreichbar ist. Sondern eines, das gerade so weit entfernt ist, dass es dich fordert, aber nicht völlig unrealistisch ist.“


„Du meinst also, ich soll mir eine Herausforderung suchen, die mich zwingt, neue Fähigkeiten zu entwickeln?“


„Exakt!“, rief Gustav. „Etwas, das dich ein bisschen nervös macht, wenn du es aussprichst. Etwas, das Monate erfordert – nicht Tage. Und etwas, bei dem du dich wirklich ärgern würdest, wenn du es nicht schaffst.“


Anna dachte nach. „Wie zum Beispiel… eine Sprache lernen?“


„Könnte funktionieren, wenn du sie wirklich brauchst,“ meinte Gustav. „Aber ein Kedge-Ziel hat noch eine andere Funktion: Es sollte indirekt deine Führung verbessern.“


„Wie denn das?“


„Nimm zum Beispiel eine Managerin, die sich vornimmt, einen Marathon zu laufen,“ erklärte Gustav. „Sie lernt Ausdauer, mentale Stärke und Disziplin – Fähigkeiten, die ihr auch im Job helfen. Oder ein Unternehmer, der eine Pilotenausbildung macht – er verbessert seine Entscheidungsfähigkeit unter Druck und seine Aufmerksamkeit für Details.“


„Also etwas, das mich in neue Gefilde zieht und gleichzeitig übertragbare Fähigkeiten mit sich bringt?“


„Ganz genau!“, schnurrte Gustav. „Was wäre eine Herausforderung, die dich reizt, aber außerhalb deiner Komfortzone liegt?“


Anna überlegte. „Ich wollte schon immer ein Buch schreiben. Aber nicht nur irgendeins – sondern eines, das auf meinen Erfahrungen basiert und anderen Führungskräften hilft.“


Gustav grinste breit. „Perfekt! Das ist ambitioniert, aber machbar. Es wird Disziplin erfordern, neue Denkweisen erschließen und dich dazu bringen, deine eigenen Erfahrungen zu reflektieren.“


„Und es würde mich wirklich ärgern, wenn ich es nicht durchziehe…“ murmelte Anna.


„Dann hast du dein Kedge-Ziel gefunden,“ sagte Gustav zufrieden. „Setz den Anker und beginne zu ziehen. Wachstum folgt.“


Anna lächelte. „Danke, Gustav. Ich glaube, das wird eine interessante Reise.“


„Ich hoffe es,“ schnurrte Gustav. „Und wenn du beim Schreiben feststeckst, erinnere dich daran: Auch das stärkste Schiff braucht manchmal einen neuen Kurs.“


 

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