Das Problem mit den Problemen
- Jens Alsleben Stark im Sturm
- 20. Feb.
- 2 Min. Lesezeit

Anna stand in der Teeküche des Büros und betrachtete den überquellenden Mülleimer. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich über die Situation ärgerte. Immer wieder hatte sie das Team darauf hingewiesen, dass jeder seinen Teil zur Sauberkeit beitragen sollte. Es gab E-Mails, Aushänge und sogar eine kleine „Erinnerungsnotiz“ in der letzten Teambesprechung. Und doch stand sie wieder hier und sah denselben überfüllten Mülleimer wie immer.
„Tja, da hast du es“, murmelte eine vertraute Stimme. Gustav, ihr geschrumpfter Säbelzahntiger, saß auf der Arbeitsplatte und musterte sie mit seinen grünen Augen. „Ein klassisches Beispiel für ein Problem, das sich nicht lösen lässt.“
„Oh, es lässt sich lösen“, widersprach Anna. „Ich muss nur einen neuen Plan ausarbeiten. Vielleicht eine Müllschicht-Liste oder ein Belohnungssystem für das Leeren des Mülleimers?“
Gustav gähnte. „Oder du erkennst, dass du die falsche Frage stellst.“
Anna sah ihn verwirrt an. „Die falsche Frage?“
„Genau“, sagte Gustav. „Du denkst darüber nach, wie du das Problem mit dem vollen Mülleimer lösen kannst. Aber hast du schon mal daran gedacht, das Problem anders zu betrachten?“
Anna verschränkte die Arme. „Was meinst du?“
„Statt dich mit den Symptomen herumzuschlagen – dem überquellenden Mülleimer – solltest du darüber nachdenken, warum er überhaupt immer voll ist. Wäre es nicht viel schlauer, das Müllaufkommen zu reduzieren, statt sich endlos damit zu beschäftigen, wer ihn leeren soll?“
Anna blinzelte. „Müll vermeiden anstatt ihn nur zu managen?“
„Bingo!“ rief Gustav. „Das ist Systems Thinking. Es geht darum, nicht nur einzelne Teile eines Problems zu betrachten, sondern das ganze System dahinter. Du kannst noch so viele Regeln und Listen aufstellen – solange zu viel Müll produziert wird, wirst du immer wieder hier stehen.“
Anna nickte langsam. „Also könnte eine echte Lösung sein, weniger Verpackungsmaterial zu benutzen, Mehrwegbecher einzuführen oder digitale Notizen statt Papierausdrucke zu nutzen.“
„Jetzt hast du es verstanden!“, schnurrte Gustav. „Das Problem ist nicht der volle Mülleimer. Das Problem ist, dass er sich überhaupt so schnell füllt.“
Anna lachte. „Das erinnert mich an diese ewigen Streitigkeiten zwischen Mitbewohnern über das Abspülen. Man streitet sich über das Wer und Wann, anstatt einfach das Was zu verändern – also statt Geschirr zu waschen, könnte man einfach Papiergeschirr nutzen.“
„Genau!“, rief Gustav. „Die wirklich schlauen Lösungen kommen, wenn du das Problem größer machst, nicht kleiner. Anstatt sich nur mit den sichtbaren Symptomen herumzuschlagen, solltest du dich fragen: Welches Element kann ich verändern, das alles andere beeinflusst?“
Anna sah wieder auf den Mülleimer. „Also, keine neuen Listen, sondern eine Umstellung des gesamten Systems. Ich werde mal ein paar Ideen mit dem Team besprechen.“
Gustav sprang von der Arbeitsplatte. „Gute Idee! Und wer weiß – vielleicht findest du eine Lösung, die alle überrascht.“
Anna schmunzelte. Vielleicht war es an der Zeit, nicht nur die Probleme zu lösen, sondern die richtigen Fragen zu stellen.
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